Bei der Beratung zum Abschluss einer BU gibt es ein Spannungsfeld, in dem sich Vermittler und Kunden immer wieder verheddern: Die richtige Rentenhöhe der Arbeitskraftabsicherung. Das Hauptproblem: Kunden und Vermittler gehen von der falschen Seite an das Thema heran. Die Kunden wollen wissen, wie viel Schutz für ihr Budget möglich ist. Und Vermittler suchen eine Lösung, die primär dieses Budget bedient. Nachvollziehbar, aber als Basis für eine vernünftige Absicherung nicht brauchbar. Vermittler müssen deshalb die richtige Frage in den Fokus stellen: Wie viel Rente brauchen die Versicherten?
Den Ausgangspunkt finden
Natürlich stellen wir diese Frage, werden jetzt viele Vermittler denken. Und sie liegen trotzdem falsch, denn bei der Bemessung der BU-Rente geht es nicht nur darum, die finanziellen Bedürfnisse des Kunden abzufragen, also die Summe X, die er im Ernstfall gerne zur Verfügung hätte. Es geht darum, alle Rahmenbedingungen mit einzubeziehen. Wer das als Vermittler macht, der kommt schnell zum Schluss: 20 Prozent mehr BU-Rente sind ein Muss.
Aber der Reihe nach.
Im ersten Schritt stellt sich natürlich die Frage, welche Summe der Kunde tatsächlich benötigt bei einer Berufsunfähigkeit, um seinen Lebensunterhalt zu decken. Hier gibt es die unterschiedlichsten Ansätze: Die einen wollen ihre laufenden Kosten abgedeckt wissen, die anderen einen festen Prozentsatz des Nettogehaltes ausgezahlt bekommen. Was auch immer der Kunde will: Diese gewünschte Absicherung ist nicht die BU-Rente, die der Vermittler mit dem Kunden versichern sollte. Diese Summe ist der Ausgangspunkt. Danach fließen weitere Faktoren in die Berechnung der richtigen Rentenhöhe ein.
Faktor 1: Steuern
Auf die Leistungen einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung zahlen die Versicherten Einkommensteuer. Für die eigenfinanzierte Absicherung wird lediglich der besondere Ertragsanteil nach 55 EStDV fällig. Der Anteil der zu versteuernden Rente bemisst sich nach der voraussichtlichen Laufzeit der Rente bei Rentenbeginn. Wird ein Versicherter mit 45 Jahren berufsunfähig und hat eine BU mit einem Endalter von 67 Jahren abgeschlossen, dann läuft die Rente voraussichtlich 22 Jahre. Damit betrüge in diesem Fall der Ertragsanteil 23 Prozent. Bei einer gewünschten BU-Rente von 2.500 Euro sind also 23 Prozent steuerpflichtiges Einkommen – immerhin 575 Euro.
Wie hoch die Steuer tatsächlich ist, hängt vom individuellen Steuersatz ab.
Wäre bei einem Single die BU-Rente die einzige Einnahmequelle bei einer Berufsunfähigkeit, wären gar keine Steuern fällig, denn der steuerpflichtige Teil der Jahresrente (insgesamt im Jahr 6.900 Euro) läge über das Jahr betrachtet unter dem Grundfreibetrag von 10.347 Euro, bis zu dem gar keine Steuern fällig werden. Anders sieht es aus, wenn bei einem steuerlich zusammenveranlagten Ehepaar ein Ehepartner ein Gesamteinkommen von 80.000 Euro versteuern muss und der andere die BU-Rente aus dem Beispiel: Hier müsste der Versicherte ca. 2.200 Euro Steuern für die BU-Rente im Jahr zahlen.
Das Fazit für die Beratung: Vermittler sollten die Rente also mindestens um 10 Prozent höher kalkulieren, um eine mögliche Steuerbelastung abzudecken. Bei einer betrieblichen BU oder einer BU im Rahmen der Rürup-Rente ist die Steuerbelastung sogar noch deutlich höher.
Faktor 2: Krankenversicherung
„Wie bin ich eigentlich krankenversichert, wenn ich berufsunfähig werde?” Diese Frage stellen sich Interessenten für eine BU leider viel zu selten. Dabei ist sie entscheidend für die Höhe der BU-Rente. Privatversicherte zum Beispiel bleiben als Berufsunfähige in aller Regel in der PKV. Das bedeutet: Sie zahlen die vollen PKV-Beiträge selbst, denn der Arbeitgeberzuschuss fällt ja weg. Wer gesetzlich versichert ist, bei dem gibt es verschiedene Optionen. Wer bei Berufsunfähigkeit eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente bezieht, der bleibt pflichtversichert in der GKV.
Die Höhe des Beitrags bemisst sich nach der Höhe der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente. Wer die aber nicht bekommt und (und das ist häufiger der Fall als viele denken) nur von seiner BU-Rente lebt, der wird freiwillig gesetzlich versichert und muss einen entsprechenden Beitrag leisten, der mit der Pflegepflichtversicherungrund 18 Prozent der BU-Rente ausmacht. Bei den 2.500 Euro aus dem Beispiel oben wird also jeden Monat ein GKV-Beitrag von rund 450 Euro fällig. Selbst bei verheirateten Partnern gibt es keinen Ausweg über die Familienversicherung, wenn die BU-Rente höher ist als 520 Euro. Denn dann verhindern die Einkünfte aus der BU-Rente die beitragsfreie Familienversicherung.
Das Fazit: Die Krankenversicherung bei einer BU-Rente ist sehr individuell – und damit gehört das Thema in jede Beratung rund um das Thema BU. Vermittler müssen klar machen, dass gesetzlich Versicherte ggf. den vollen GKV-Satz aus ihrer BU-Rente bestreiten müssen, wenn keine Pflichtversicherung vorliegt. PKV-Versicherte müssen die bisherigen Beiträge weiterhin bestreiten – und das ohne möglichen Arbeitgeberzuschuss. Dementsprechend sollten Vermittler einen Puffer von mindestens 15 Prozent einplanen.
Faktor 3: Altersvorsorge
Wer berufsunfähig wird, muss mit erheblichen Einbußen bei der gesetzlichen Rente rechnen – auch dieses Thema gehört in die BU-Beratung. Denn es gilt: Je früher eine Berufsunfähigkeit eintritt und je länger sie dauert, umso mehr schrumpft der Rentenanspruch. Dieser Aspekt wird bei der Vermittlung einer Arbeitskraftabsicherung oft vernachlässigt. Wenn man davon ausgeht, dass heute rund 20 Prozent des Einkommens eines Angestellten für die Alterssicherung ausgegeben wird, dann müssen mindestens diese 20 Prozent auch nach Eintritt einer Berufsunfähigkeit weiter eingezahlt werden, um wenigstens eine Basis-Absicherung für das Alter zu gewährleisten.
Das Fazit: Um die Altersvorsorge privat abzusichern, sollten Vermittler 20 Prozent Zuschlag für die BU-Rente einplanen, um mit dieser Summe die private Altersvorsorge fortführen zu können. Dabei können Vermittler den BU-Schutz über die selbständige BU natürlich genauso einsteuern wie über eine Absicherung im Rahmen der Altersvorsorgeverträge.
„Verstehe ich – ist mir aber trotzdem zu teuer!”
Rechnen Vermittler ihren Kunden diese drei Faktoren vor, werden die Interessenten das in aller Regel verstehen. Und dennoch nicht 40 bis 50 Prozent mehr BU-Rente versichern wollen oder können, weil der Beitrag dann zu teuer ist. Nachvollziehbar aus Kundensicht. Für den Vermittler ist es der Ansatzpunkt, eine eigene Lösung auszuarbeiten und zu präsentieren. Die kann zum Beispiel einen 20-prozentigen Zuschlag auf die Wunsch-Rente vorsehen, um zumindest einen Teil der möglichen Kosten im Fall einer Berufsunfähigkeit abzudecken. Verbinden lässt sich eine solche Überlegung dann mit einer hohen Dynamik und umfangreichen Nachversicherungsmöglichkeiten, um im Vertragsverlauf nachbessern zu können. So hat der Vermittler seine Beratungspflichten sauber erfüllt und der Kunde kann den Vertrag jederzeit aufstocken.