Vorsorge

Betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung als Teil der bAV

Die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung (bBU) nimmt in der betrieblichen Altersversorgung ( bAV ) einen immer größeren Stellenwert ein. Denn die Bedeutung einer guten Arbeitskraftabsicherung haben die meisten mittlerweile erkannt – ebenso wie die Erkenntnis, dass über den eigenen Betrieb Lösungen möglich sind.

Ein Aus im Job aus gesundheitlichen Gründen führt vor allem beim klassischen Familienmodell mit einem Hauptverdiener dazu, dass von einem auf den nächsten Moment schnell einmal 70 oder gar 80 Prozent der Einkünfte wegfallen. Damit steht neben der Gesundheit auch der Lebensstandard zur Disposition – oft ein langer Leidensweg, der die ganze Familie erfassen kann und neben der Ausgangserkrankung eine weitere Belastung darstellt.

Dabei gilt: Die klassisch privat abgeschlossene Berufsunfähigkeitsversicherung ist bei vielen Berufsgruppen eine echte Investition – und auch nicht leicht abzuschließen, wenn Vorerkrankungen des Antragstellers im Raum stehen. Und genau an diesem Punkt setzt die betriebliche BU an, die die notwendige Absicherung günstiger und einfacher über den Arbeitgeber ermöglicht. Bei der Beratung zur betrieblichen BU müssen Vermittler auf die folgenden Punkte eingehen.

Warum soll ein Arbeitgeber eine betriebliche BU anbieten?

Wenn ein Unternehmen die Arbeitskraftsicherung seiner Mitarbeiter ganz oder teilweise finanziert, ist das mehr als “nur” eine Vorsorgeleistung: Es ist zusätzlich ein Zeichen der Wertschätzung und Fürsorge für die Arbeitnehmer und stärkt deren Bindung an das Unternehmen. Und natürlich erwarten Fachkräfte heute diese Vorsorgeleistung auf der Suche nach dem perfekten Job – eine betriebliche BU kann also bei Fachkräften durchaus ein Argument für einen Arbeitgeber sein.

So funktioniert die betriebliche BU

Der Arbeitgeber schließt als Versicherungsnehmer die Berufsunfähigkeitsversicherung ab, versicherte Person und Nutznießer ist der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber kann bei einer “echten” betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung die Beiträge voll oder zum Teil bezahlen, der verpflichtende bAV-Zuschuss ist aber immer zu leisten.

Übrigens: Erhältlich ist die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung auch außerhalb der bAV als Kollektivlösung über den Arbeitgeber: Der schafft bei diesem Modell den vertraglichen Rahmen und verhandelt ggf. bessere Konditionen als bei einer klassischen BU-Versicherung, die jeder selbst abschließen kann. Vertragspartner ist bei dieser Lösung der Arbeitnehmer, finanzielle Vorteile haben bei dieser Lösung weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer.

Das ist steuerlich zu beachten

Bei der betrieblichen Berufsunfähigkeitsversicherung übernimmt meist der Arbeitgeber die Kosten ganz oder teilweise.

Die Kehrseite der Medaille: In der Leistungsphase, wenn also Berufsunfähigkeit eingetreten ist, müssen Arbeitnehmer für die ausgezahlte BU-Rente höheren Steuern zahlen als bei der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung.

Die betriebliche Berufsunfähigkeitsrente – und hier setzt ein wichtiger Punkt der Beratung durch den Vermittler an – muss also um mindestens 30 Prozent höher gewählt werden im Rahmen der betrieblichen Absicherung, um die steuerliche Mehrbelastung einer ausgezahlten Rente schultern zu können.

Tipp: In der Beratung sollten Vermittler auch ansprechen, wer die Kosten einer bBU trägt, wenn die Lohnfortzahlung bei längerer Krankheit ausläuft, eine Berufsunfähigkeit aber noch nicht vorliegt. Im Idealfall springt hier natürlich der Arbeitgeber ein. Ansonsten muss ggf. ein längerfristig erkrankter Mitarbeiter die BU-Beiträge plötzlich selbst schultern.

Was sind die Vorteile der vereinfachten Gesundheitsprüfung?

Auf der Habenseite kann die betriebliche Berufsunfähigkeitsversicherung eine vereinfachte Risikoprüfung vorweisen – ein großes Plus für alle diejenigen, die ansonsten keinen Schutz (mehr) bekommen. In der Regel muss der Arbeitnehmer lediglich eine Dienstobliegenheitserklärung abgeben. Bei der Gothaer im BU-Kollektivgeschäft ist lediglich diese Erklärung abzugeben:

Die zu versichernde Person erklärt, dass

  • sie im Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung ihre berufliche Tätigkeit ohne Einschränkungen aus gesundheitlichen Gründen ausüben kann und in den letzten 24 Monaten nicht mehr als 14 Kalendertage ununterbrochen arbeitsunfähig war und
  • bei ihr keine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung vorliegt, dass keine derartigen Leistungen beantragt wurden und
  • in den letzten 5 Jahren kein Antrag auf eine Versicherung für den Fall der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit bzw. Erwerbsminderung gestellt wurde, der zu einer Erschwernis oder Ablehnung führte.

Bestehende Versicherungen nicht vernachlässigen

Wenn ein Unternehmen seinen Mitarbeitern eine bBU anbieten will, dann wird es sicherlich Mitarbeiter geben, die ihre Arbeitskraft bereits versichert haben. Und diese bestehenden Absicherungen sollten Vermittler und Arbeitnehmer nicht vorschnell kündigen – gerade ältere Verträge können durchaus eine Alternative zu einer neuen betrieblichen BU sein oder diese ergänzen. Für eine haftungssichere Beratung sollten Vermittler den Bestandsschutz immer abfragen und mit den Arbeitnehmern individuell bewerten.

Autor

Oliver Mest

Hat Rechtswissenschaften studiert und abgeschlossen, heute schreibender Versicherungsmakler in der NewFinance Redaktion. Wenn er nicht gerade Fachartikel verfasst oder Versicherungen vermittelt, findet man ihn beim Wandern in den Alpen (zur Not auch in Südfrankreich oder an der Nordsee vor der Tür).