Google, Apple, Facebook und Amazon werden die Arbeit für Vermittler und Versicherungsunternehmen in den nächsten Jahren weiter verändern. Was ist 2021 in der Versicherungsbranche und darüber hinaus zu erwarten?
Versicherungsbranche: Deutsche Verbraucher rechnen mit Disruption
Schon viele Branchen wie etwa der Handel oder die Medienlandschaft haben die disruptive Macht der Tech Riesen zu spüren bekommen. Bei der Versicherungsbranche sieht es zwar nach wie vor ruhig aus. Doch der Schein trügt.
Dieser Meinung sind jedenfalls die deutschen Verbraucher. Laut einer Umfrage des Digitalverbandes Bitkom rechneten im vergangenen Jahr zwei Drittel der Befragten damit, dass bis 2030 eine Online-Plattform für Versicherungen entsteht, die große Marktanteile auf sich vereint. Über 50 Prozent nehmen an, dass die GAFAs – Google, Amazon, Facebook, Apple – bis dahin eine bedeutende Rolle auf dem Versicherungsmarkt einnehmen werden.
Dementsprechend geht auch mehr als die Hälfte davon aus, dass deutsche Versicherer nicht nur gegenüber der Konkurrenz zurückstecken werden müssen, sondern teilweise sogar ganz verschwinden werden. Für die Erhebung wurden 1004 Personen in Deutschland ab 18 Jahren befragt.
„Versicherer tun gut daran, sich die Entwicklungen in anderen Bereichen anzusehen, wo sich durch die Digitalisierung Marktanteile stark verschoben haben. Entscheidend ist, sich auf seiner derzeitigen Position nicht auszuruhen, sondern Geschäftsprozesse und Geschäftsmodell konsequent digital zu denken“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.
Die GAFAs und der Kampf um die Datenhoheit
Immerhin sieht es nicht danach aus, dass einer der Tech-Riesen zu einem Versicherungsanbieter oder -Vermittler mutieren und der Branche das Geschäft abgraben wird. Aber trotzdem zeichnen sich in diesem Jahr interessante Veränderungen ab, die die Versicherungsbranche betreffen: Eine der größten Umwälzungen, die gerade stattfinden, wurde von Apple angetrieben.
Der Konzern aus Cupertino hat das Thema Datenschutz zu einem wichtigen Verkaufsargument für seine Produkte erkoren – und ermöglicht kein Tracking der Nutzer über seine Plattformen mehr. Ab 2022 will auch Google über seinen Browser Chrome keine Third Party Cookies mehr zulassen. Facebook schraubt ebenso die Transparenz seiner Werbeanzeigen für Werbungtreibende herunter.
Die Erhebung von Nutzerdaten und das Schalten personalisierter Werbung ist über die großen Plattformen so nicht mehr möglich. Diese Veränderungen zielen auf den ersten Blick zwar vor allem auf das Marketing ab, betroffen sind aber alle Unternehmensbereiche.
Denn diese Kehrtwendung der Tech-Konzerne hin zu mehr Privatsphäre geschieht natürlich nicht aus reiner Selbstlosigkeit der Nutzer gegenüber. Sie haben so als Einzige Zugriff auf die Zielgruppendaten, die ja alle Unternehmen für ihre digitalen Aktivitäten unbedingt brauchen.
So werden die GAFAs immer mehr zum Gatekeeper, ohne deren Plattformen viele Unternehmen nicht mehr an ihre Kunden kommen.
Amazon und Google in der Versicherungsbranche
Dazu kommt, dass Google und Co. in anderen Ländern schon konkrete Schritte in den Versicherungsmarkt unternehmen: In Indien arbeitet zum Beispiel Amazon mit dem lokalen Insurtech-Startup Acko beim Verkauf von Kfz-Versicherungen zusammen. Und in den USA sind dieses Jahr Munich Re und die Allianz mit Google eine Kooperation eingegangen, um Cloud-Kunden abzusichern.
Die Cyberversicherungslösung namens „Cloud Protection +“ soll erst einmal nur US-amerikanischen Google-Kunden angeboten werden. Diese Versicherungen können interessierte Unternehmen direkt in der Google Cloud über den Risk Manager abschließen, in dem sie die erstellten Risikoberichte einfach an den Versicherer weitergeben. Damit wollen die Partner den Antrags- und Underwriting-Prozesse enorm vereinfachen.
Spezialwissen aus unterschiedlichen Bereichen
Auch sonst ist die Google-Mutter Alphabet nicht untätig geblieben: Sie hat über ihre Tochter Verily eine Versicherungsgesellschaft gegründet – die Coefficient Insurance Company. Unterstützt wird sie dabei von der Swiss Re Corporate Solutions.
Die neue Versicherungsgesellschaft konzentriert sich auf datenbasierte Stop-Loss-Versicherungen für Arbeitgeber. Die Employer Stop-Loss-Versicherung soll Arbeitgeber vor Arbeitnehmeransprüchen im Rahmen von Gesundheitsleistungen schützen.
Dabei liefert Verily die Software und Datensteuerung für die Coefficient Insurance Company, während Swiss Re sich mit ihrem Risikomanagementwissen und ihrer Markterfahrung einbringt.
Bis vergleichbare Modelle den deutschen Markt erobern ist es eigentlich nur eine Frage der Zeit. Diese Beispiele zeigen, wie die großen Tech-Konzerne die Versicherungsbranche aufmischen könnten: Mit ihrem datenbasierten Spezialwissen und umfassenden Plattformen sind sie interessante Kooperationspartner und Konkurrenten zugleich.