Immer neue Regulatorik soll die Finanz- und Versicherungsbranche nachhaltiger machen und an die Pläne der Europäischen Kommission anpassen. An vielen Stellen bleiben die neuen Regeln vage, brauchen ein späteres „Tuning“. Worauf gilt es 2023 besonders zu achten und welche größeren Umwälzungen stehen bevor?

Klimaneutral bis 2050

Gehen wir zunächst einen Schritt zurück. Woher kommt die Diskussion um die Offenlegung und Taxonomie überhaupt? Die Grundlage für all das hat ihren Ursprung in einer Idee der Europäischen Union. Im Zuge weltweiter Anstrengungen, den Klimawandel entweder aufzuhalten oder zumindest zu bremsen, hat die Europäische Kommission im Dezember 2019 die Mega-Strategie „European Green Deal“ vorgelegt. Diese soll zu einer ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft beitragen. Sie umfasst Dutzende verschiedener Ziele und Pläne, die auch die Finanzbranche einschließen. Die Hauptziele sind:

  • Bis 2050 soll die europäische Wirtschaft keine Netto-Treibhausgase mehr ausstoßen.
  • Das Wachstum der Wirtschaft soll von der Ressourcennutzung abgekoppelt sein.
  • Die Wirtschaft soll weder Mensch noch Region im Stich lassen.

Die Details dazu stellt die Europäische Kommission auf der Homepage bereit.

Die Offenlegungs-VO

Ein Bestandteil dieser größeren Strategie sind die Taxonomie- und Offenlegungsverordnungen der Europäischen Kommission. Die Offenlegungs-VO war bereits im März 2021 in Kraft getreten. Hinter der Verordnung steht der Grundgedanke der Transparenz: Anleger*innen sollen informiert sein, welche nachhaltigkeitsbezogenen Risiken möglicherweise Auswirkungen auf ihr Anlageprodukt haben. In den darauffolgenden Monaten hatte die Kommission diese Verordnung weiter präzisiert. So sollte zum Beispiel bis spätestens zum 30. Dezember 2022 Artikel 7 der Offenlegungs-VO in Kraft treten, das heißt, es müssen Angaben dazu gemacht werden, welche nachteiligen Auswirkungen das Produkt auf Nachhaltigkeitsfaktoren beinhaltet. Diese heißen Principle Adverse Impacts (PAI). Insgesamt gibt es 18 verpflichtende PAIs, zu denen Vermittler die Kund*innen befragen müssen, sowie 46 weitere freiwillige vordefinierte Indikatoren.

„Neben den umfangreichen Regelungen zu den Veröffentlichungspflichten ergänzt die Offenlegungsverordnung die Geeignetheitsprüfung: zusätzlich zur Risikobereitschaft werden jetzt die Kund*innen gefragt, was ihnen in Punkto Nachhaltigkeit wichtig ist“, erklärt Volker Krämer, Projektleiter der Offenlegungsverordnung bei der Gothaer Leben. Dabei stehen künftig drei zusätzliche Abfragen zur Nachhaltigkeit im Mittelpunkt:

  • Inwiefern erfüllt das Investment die sechs Umweltziele nach Taxonomie-Verordnung?
  • Erfüllt es die Anforderungen zur Nachhaltigkeit nach Offenlegungs-Verordnung?
  • Welche nachteiligen Auswirkungen auf die Nachhaltigkeitsziele birgt die Anlage?

Das kam im Jahr 2023

Soweit also das bereits Bekannte. Neu ist 2023 allerdings, dass die Offenlegungsverordnung nun auf „Level 2“ übergeht und die ursprünglichen Regeln noch weiter konkretisiert. So müssen zum Beispiel nun neue Formate für die Offenlegung von Artikel-8- und Artikel-9-Fonds genutzt werden. Außerdem ist die Abfrage auf PAI-Indikatoren nun auch bei Fonds notwendig, die nicht als „nachhaltig“ klassifiziert wurden.

Weiterhin verändert sich das European ESG Template, kurz EET. Es soll den erforderlichen Datenaustausch zwischen Produktherstellern und den Versicherern erleichtern, um die ESG-bezogenen regulatorischen Anforderungen gemäß Offenlegungsverordnung oder delegierter Rechtsakte zu erfüllen. Im neuen Jahr sind die im EET erfassten Informationen deutlich detaillierter als vorher.

Ab Anfang August 2022 haben Versicherungsvermittler*innen die Pflicht, ihre Kund*innen bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten zu ihren Nachhaltigkeitspräferenzen zu befragen und zu beraten. Dabei steht zu Beginn der Beratung die Aufklärung zum Thema Nachhaltigkeit an, was sich auch auf die Dokumentation auswirkt.

„Bisher haben sich bereits drei Viertel unserer Kund*innen beim Abschluss für die Anlage in nachhaltige Fonds entschieden“, berichtet Volker Krämer.

Das CSRD im Überblick

Svetlana Thaller-Honold

Die Regulatorik betrifft jedoch Versicherungen nicht nur in Bezug auf die Produkte und den Vertrieb, sondern auch als Unternehmen. So tritt 2025 die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) in Kraft. Diese integriert die Nachhaltigkeitsberichterstattung in die Konzernberichterstattung und macht sie darüber hinaus prüfungsrelevant. „Vor kurzem wurden die Berichtsstandards und KPIs veröffentlicht – die Erwartung an die Offenlegung von Daten ist hoch. Auch wenn dies mit einigem Aufwand verbunden ist, so profitieren wir als Versicherung auch gleichzeitig von mehr Transparenz hinsichtlich nichtfinanzieller Kennzahlen durch Unternehmen“, sagt Svetlana Thaller-Honold, Leiterin des Bereichs Nachhaltigkeitsmanagement bei der Gothaer. „Wir sind darauf angewiesen, dass diese öffentlich verfügbar sind, um sie für Investitionsentscheidungen und Risikobewertungen nutzen zu können.“

Die Gothaer und Regulierung

„Uns ist es als Gothaer wichtig, das Thema Nachhaltigkeit nicht vorwiegend als Regulierungsthema zu betrachten. Wir haben in den letzten Jahren ein ambitioniertes Nachhaltigkeitsmanagement aufgebaut. Transparenz ist für uns dabei ein wesentlicher Faktor. Deswegen haben wir auch unsere Nachhaltigkeitsstrategie mit klaren, messbaren und ganzheitlichen Zielen veröffentlicht. Sie ist Teil der Unternehmensstrategie und gilt für das gesamte Unternehmen. Seit 2023 ist die Nachhaltigkeitsperformance auch Teil der Bonifikation der Führungskräfte, inklusive aller Vorstände. Wir wollen glaubhaft nachhaltig sein. Das bedeutet, wir wollen Nachhaltigkeit in allen Bereichen unseres Unternehmens integrieren. Natürlich haben wir die Regulatorik dazu immer im Blick, aber wir werden nicht durch sie getrieben. Und das macht einen essentiellen Unterschied aus“, so Thaller-Honold.

Die Gothaer führe ihre Vorhaben an der Regulatorik vorbei und richtet sie nicht an den Vorschriften aus. Das gilt auch für das Projekt Offenlegungsverordnung, das fortwährend die rechtlichen Stellungnahmen und das Marktumfeld überprüft. So könne die Gothaer stets zeitnah reagieren und sich bei Bedarf anpassen.

„Den Erfolg unserer Ausrichtung sieht man beispielsweise daran, dass wir bei unseren Leadprodukten, Gothaer GarantieRente Index und Gothaer Index Protect, von der renommierten Zielke Research Consult erfolgreich zertifiziert wurden“, sagt Volker Krämer dazu.

Weitere Informationen zu den Plänen und Produkten der Gothaer finden Interessierte stets aktuell hier auf dem Gothaer Maklerblog.

Titelbild: © Eva / stock.adobe.com, Beitragsbilder: © Gothaer

Lars Nievelstein

Hat Kunstgeschichte und Literatur studiert. Schreibt gerne. So gerne, dass er sich sowohl in der NewFinance-Redaktion als auch in der Freizeit damit beschäftigt. Und sollte er mal nicht schreiben, interessiert er sich für E-Sport, Wirtschaft und dafür, wer gerade an der Börse abrutscht.

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