Am 03. Januar 1987 wurde erstmals eine Frau in die Rock n’ Roll Hall of Fame aufgenommen. „Aretha Franklin” lautet der Name der US-amerikanische Soul-Sängerin, die den 3. Januar seither zum Internationalen Women Rock! Day kürte. Da Frauen nicht nur im Musikbusiness rocken, sondern auch besonders in unserer Branche, rückt die Gothaer für die Women Rock!–Serie Kolleginnen aus dem Unternehmen und der Branche ins Rampenlicht.
Anja Glorius, ist als zertifizierte Fachwirtin für Versicherungen und Finanzen mit dem Schwerpunkt Krankenversicherung Gründerin und Geschäftsführerin der KVoptimal.de GmbH. Im Interview spricht sie mit uns über die Kernthemen beider Rollen.
Redaktion: Als Geschäftsführerin eines Unternehmens, inwiefern erkennst Du einen Unterschied bei männlichen und weiblichen Kollegen in der Arbeitsweise? Nimmst Du in der Branche aktiv wahr, dass es sich um einen Männerdomäne handelt?
Anja Glorius: Die Arbeitsweise unterscheidet sich grundlegend, zumindest in den meisten Fällen. Wenn ich es umschreiben müsste würde ich sagen, Männer trauen sich mehr zu und sind oft selbstbewusster. Frauen sind öfter gut organisiert. Im Vertrieb und leitenden Funktionen ist die Branche der Versicherungswirtschaft seit Jahrzehnten eine Männerdomäne. In leitenden Funktionen hingegen habe ich den Eindruck ändert sich der Trend, da viele Eigenschaften, die eher weiblichen Führungskräften zugesprochen werden, gefragt sind.
Redaktion: Warum hast Du Dich für eine Spezialisierung in der PKV entschieden?
Anja Glorius: Da ich ja bereits in meiner ersten Ausbildung mit dem System der Krankenversicherung in Berührung kam, hatte ich den ersten Grundstein als Sozialversicherungsfachangestellte gelegt. Den Grundstock zu festigen, auszubauen und noch um den PKV Bereich zu erweitern lag dann nahe. Mit 22 wollte ich noch auf ein weiteres Pferd setzen und habe nochmal mit dem Lebensversicherungsbereich geliebäugelt. Mein Schwerpunkt war dann im Fachwirt zunächst der Bereich Lebensversicherung. Final abgeschlossen habe ich den Fachwirt für Versicherungen und Finanzen dann aber doch mit meinem Steckenpferd. Diese Exkursion hat es meinem Unternehmen aber dennoch ermöglicht, den Blick offen zu halten. Wir haben deshalb im Jahr 2020 LVotpimal.de gelauncht. Unsere Mandanten nehmen den Zweitmeinungsservice super an und prüfen so bestehende Verträge auf Herz und Nieren oder lassen sich von den Experten zu Ihrer Altersvorsorge grundlegend beraten. Am Ende ergibt das ja Sinn. Von der PKV, geht es zum KT, vom KT zur BU, von der BU zur Altersvorsorge. Der Beratungskreislauf gehört am Ende für eine sinnige biometrische Absicherung zusammen.
Redaktion: Was sind hier die größten Herausforderungen, beziehungsweise Irrtümer, gegen die Du noch immer „ankämpfst“?
Anja Glorius: Meine persönliche Challenge seit mehr fünf Jahren ist dem Markt zu erklären, dass es im gesellschaftlichen Wandel der Rollenbilder von Familien zwingend nötig ist auch die PKV weiterzuentwickeln. Das beginnt bei dem Selbstverständnis von Kinderkrankengeld, bis hin zum Verzicht auf eine Karenzzeit bei Mutterschutz im Krankentagegeld.
Das Privileg des Privatpatienten muss auch rundum beim Thema Familie als sozialer Auftrag gelebt werden.
Redaktion: Was rätst Du Vermittlerinnen und Vermittlern, die sich erstmals mit dem Thema PKV beschäftigen?
Anja Glorius: Ganz oder gar nicht. Entweder man investiert richtig viel Zeit und investiert hier in seine Bildung oder man sollte es im Rahmen eines Kooperationsmodells mit einem spezialisierten Vermittler lösen. Die Themenpalette ist einfach riesig. Allein einen Kunden im Gespräch zu führen und Dinge klar zu machen ist schon ein Kraftakt. Zum Beispiel, dass er die Ärzte nach seiner Akte fragt oder die kassenärztliche Vereinigung. Die Daten dann auszuwerten und mit den Ärzten entsprechend Kontakt aufzunehmen will auch geübt sein. Ich hatte vor einigen Wochen einen Kunden, den ich persönlich beraten habe. Nach der Risikoanalyse auf Basis der Akte der kassenärztlichen Vereinigung, habe ich das Risiko anonym bei allen für Vermittler zugänglichen Versicherern anonym ausgeschrieben. Übrig blieb eine Auswahl von zwei Anbietern.
Der Kunde kannte 50 Prozent der Themen seiner Risikoanalyse beim ersten Gespräch gar nicht mehr. Das ist brandgefährlich.
Danach geht es an den Teil der Produkte. Was will der Kunde? Und was braucht der Kunde wirklich? Krankentagegeld korrekt absichern, Kurtagegeld, Pflegeversicherung, Erweiterungsbausteine und die Gretchen-Frage Nummer eins „Wie gestalte ich die Prämie im Alter aus?“, bedürfen ein hohes fachliches Level. Das kann man sich auch heute noch mit viel Engagement und Leidenschaft erwerben.
Ich kann nur jeden mit dem Wunsch nach PKV- Spezialisten motivieren die Zeit zu investieren. Es ist eine der schönsten Beratungserfahrung und auch am vielseitigsten.
Redaktion: Wenn Du mit einem Fingerschnippen die PKV revolutionieren könntest, was würdest Du ändern?
Anja Glorius: Vermutlich wäre ich weiterhin für ein duales System, würde auf der einen Seite den Zugang erweitern aber auf der anderen Seite bei allen Gruppen die Einkommensgröße zum Zugang fordern. Außerdem bin ich in dem Zusammenhang auch für die verpflichtende Altersvorsorge von Selbstständigen. Auch würde ich die Verpflichtung als Mindeststandard GKV beim Abschluss des Vertrages fordern sowie eine verpflichtende Mindestinnovation der Produkte zu positiven Änderungen bei der GKV. Wäre das der Fall hätten viele alte Menschen mit PKV Tarifen auch den Zugang zu Hospizleistungen und häuslicher Krankenpflege. Die Branche hat viel zu tun.